Bericht Tag 3 – Einsame Straßen und gut besuchte Stopps

Das Finale der 2. Sauerland-Klassik war ein Tag der Kontraste: Menschenleere Landstraßen wechselten sich mit malerischen, von Fachwerkhäusern dominierten Orten und spektakulären Stationen ab. Kein Wunder also, dass es bei der großen Rückkehr nach Attendorn nur strahlende Gesichter gab.

Rally AZ Cyclecar von 1924 vor Ford V8 von 1936

620 Kilometer auf gewundenen Landstraßen ohne jemals einen Reifen auf eine Autobahn zu setzen, das bedeutet schon in einem modernen Auto viel Lenkradarbeit. Solch eine Tour in einem zig Jahre alten Oldtimer – oft mit unsynchronisiertem Getriebe und meist ohne Servolenkung – hinter sich zu bringen, erfordert höchsten Respekt. 120 von 128 gestarteten Rallye-Teams haben sich eben diesen während der 2. Sauerland-Klassik verdient, das Ziel erreicht und sich dafür von einem begeisterten Attendorner Publikum völlig zu Recht feiern lassen. Vom 1924er Rally AZ Cyclecar bis hin zum 1990 gebauten Citroën 2CV, besser bekannt als „Ente“, wurden die Fahrzeuge euphorisch empfangen.

Während das Gros der Teilnehmer das Finish ohne Probleme erreichte, konnten andere – wie Ewald Sprey (Bentley 4 1/2 litre Le Mans, Startnummer 5) – ihre Oldtimer dank der eigenen handwerklichen Fähigkeiten wieder flott bekommen. Bei anderen stellte der Pannendienst des AvD Vergaser neu ein, tauschte Thermostate und reparierte Servolenkungen. Und manchmal eilte sogar ein mechanisch versierter Zuschauer herbei und half bei der Reparatur – wie beim Jaguar E-Type 4.2 OTS von Matthias Niggemann/Harald Moede (Startnummer 64), dessen Hupe auf Dauerfeuer stand.

An großem Einfallsreichtum und freundlichen Helfern mangelte es jedenfalls nicht, wenn es darum ging, die Rallye im Land der 1000 Berge weiter zu genießen. So feierten die Attendorner Lokalmatadore Dirk Rosenberg/Kirstin Holz heute ein Comeback in einem Maserati, nachdem ihr Bizzarrini GT Strada 5300 gestern mit Kabelbrand gestrandet war. Das Damenteam von Auto Bild Klassik, Vanessa Stüdemann und Lea Moreen Mader, durfte gar auf den Servicewagen der Autostadt zurückgreifen und den letzten Tag im VW Käfer bestreiten, weil ihr Mercedes 230.4 nicht mehr so richtig wollte.

Die „Geretteten“ waren aber beileibe nicht die einzigen, die das Ziel mit einem breiten Lächeln im Gesicht erreichten. Der Schlusstag ließ die Herzen der Fahrer höher schlagen. Im Naturpark Homert tauchten die Teams in ein nicht enden wollendes Natur- und Autofahrer-Paradies ein. Günter Kaufmann/Marco Wimmer in der Mercedes-220-Heckflosse fühlten sich auf den kurvigen Straßen an den gestrigen Abend auf dem Biggesee erinnert: „Der Mercedes schaukelt genauso hin und her.“ Das Geschlängel wurde nur von kleinen, niedlichen Orten wie Fretter, Grafschaft, Oberkirchen oder auch Girkhausen unterbrochen, die mit ihren gut erhaltenen Fachwerk-Bauten wie gemalt aussahen.

Standard Eight von 1954 zwischen Fachwerkhäusern

Das Schwarz-Und-Weiß der Fachwerkhäuser prägt auch die Innenstädte von Schmallenberg, Bad Laasphe und Hirschberg, wo die Teilnehmer neben vielen begeisterten Zuschauern reichlich geboten bekamen. In Schmallenberg gab Martin Riffelmanns mit Unterstützung der Stadt und des Veranstalters seinen selbstgemachten Senf aus, in Bad Laasphe wurde ihnen ein frisch gezapftes – und natürlich alkoholfreies – Bier gereicht, das auf wundersame Weise direkt aus dem Altstadt-Brunnen floss. In Hilchenbach standen nicht nur die Neuwagen und Traktoren des hiesigen Autosalons Spalier, beim Warten auf die DK bauten sich Raubritter Hans Hübner und seine Kumpanen in voller Rüstung und mit Schwert vor der Autoschlange auf.

Für gute Laune in den Cockpits sorgte auch der Oldtimer-Club von Berghausen, der den Ortsteil von Bad Berleburg in ein Museum verwandelte. Die Durchfahrtkontrolle wurde mit Zapfsäule und Tankwarten als historische Aral-Tankstelle inszeniert, zudem war jeder freie Parkplatz von einem historischen VW Bulli, Karmann Ghia oder Opel Ascona 400 belegt. Nicht zu vergessen natürlich die Runde durch den Hof von Schloss Berleburg, der wie ein Concours d’Elegance anmutete.

So viel Enthusiasmus konnte auch über Patzer bei den teils kniffligen Prüfungen hinweg trösten. Bei der WP im Naturpark Rothaargebirge zum Beispiel musste die erste Lichtschranke in der Weltrekordzeit von Usain Bolt angefahren werden, die zweite in der des 400-Meter-Rekordsprinters Wayde van Niekerk. Wer das Roadbook vorher intensiv studierte, hatte hier leichtes Spiel. In so manchem Cockpit wurde aber noch am Startschild hektisch gegrübelt oder gegoogelt ob der ungewohnten Aufgabe.

Die Gesamtsieger: Christian Madey/Britta-Christin Rehberg auf Porsche 911 E Targa von 1969

Für die besten Teams der 2. Sauerland-Klassik stellten die Zeiten von Bolt und Co. aber kein Problem dar. Zur großen Überraschung gab nicht die Elektroniker den Ton an, sondern die Sanduhr-Fraktion, die das Gesamt-Podium unter sich ausmachten. Christian Madey/Britta-Christin Rehberg (Porsche 911 E Targa, Nr. 71), die ihre Führung am zweiten Tag verloren hatten, leiteten einen erfolgreichen Konter ein und gewannen die 2. Sauerland-Klassik vor Axel Ernst/Johannes Bitter-Suermann (Toyota Celica GT, Nr. 109) und den Tschechen Petr Fiala/Sona Nejedla (Maserati Indy Coupé, Nr. 73).

Die prominenten Teilnehmer spielten im Kampf um den Gesamtsieg dagegen keine Rolle. Rallye-Champion Matthias Kahle (Škoda 130 RS, Startnummer 22), der am letzten Tag den Olper Kreisdirektor Theo Melcher an Bord hatte, landete auf Position 28. Karl-May-Bösewicht Rolf Schauerte und Audi-Techniker Timo Witt steuerten das Wanderer W25 Cabrio (Nummer 7) auf Platz 86. Die Motorrad-Asse Stefan Prein und Ralf Waldmann (Opel GT, Nummer 35) beendeten ihren Ausflug in den Automobilsport als 112. Noch weniger Glück hatten Otto F. Wachs und Katharina Schubert (MG B GTV6, Nummer 31), die kurz vor dem Ziel aufgeben mussten. Einen Ausfall musste auch der Land Rover Serie 1 hinnehmen, den die Kabarettisten Urban Priol und Jochen Malmsheimer am Donnerstag mit großer Freude steuerten.